Café

Kaffee trinken im Klohäuschen. Von Kackikeksen und Traubenraupen

3. Oktober 2016
Cafe von außen

Zugegeben: In Berlin kann man grob geschätzt in jedem dritten Haus einen Kaffee trinken gehen. Dass dieser Zeitvertreib trotzdem alles andere als gewöhnlich sein kann, zeigt das Café Bornträger am Humannplatz in Prenzlauer Berg. Nicht nur die Örtlichkeit ist bemerkenswert, auch die angebotenen Speisen und Getränke und nicht zuletzt der Name versprühen einen Charme und eine Art skurril-kreatives Flair, das selbst in der Caféhochburg Prenzlberg seinesgleichen sucht.

Kaffee trinken im stillen Örtchen

Das Skurrilste ist natürlich die Örtlichkeit selbst: Ein 1936 erbautes Klohäuschen in Berlin Prenzlauer Berg, das seit dem 02. April 2015 die Seiten gewechselt hat – es sorgt nun eher für die Aufnahme von Speis und Trank, nicht mehr für die Entsorgung. Und auch die Atmosphäre hat sich grundlegend geändert. Das Café ist klein, aber urgemütlich, mit Holztischen, weiß gestrichenen Holzbänken und vielen bunten Kissen. In einer Ecke direkt neben dem Eingang liegen Bilderbücher, draußen wie drinnen zieren bunte Blumen die Tische.

Kaffee, Blumen und Speisekarte im Vordergrund, im Hintergund eine weiße Holzbank

Einfach gemütlich: Der kleine Innenraum im Café Bornträger

Und dann der Name des Cafés: Er stammt von der Oma der heutigen Pächterin Christine Morgan, Paula Bornträger. Zunächst sollte das Café deshalb Paula heißen, doch als dieser Name immer mehr zum neuen Modenamen avancierte, sattelte Christine Morgan kurzerhand um und schrieb den Nachnamen ihrer Oma über ihr Café. Und die ehemalige hessische Magd und spätere Köchin macht sich durchaus gut als Schirmherrin für „ihr“ Café hier in Berlin. Denn die angebotenen Speisen und Getränke sind durch die Bank weg einfach lecker – wie es sich für Omas Küche gehört.

Wer jetzt jedoch an besonders rustikale Küche denkt, der irrt: Die meisten Gerichte lassen sich mit dem Attribut leicht beschrieben. Salat, überbackener Käse oder Suppe bestimmen die Tageskarte. Aber auch die normale Speisekarte kann sich sehen lassen. Wie wäre es zum Beispiel mit Berta, einem warmen Toast mit gebackenem Ziegenkäse, Honig und Thymian? Und dazu Bruno, eine Spezialität des Hauses: Espresso auf Softeis. Dieses Softeis können wir generell empfehlen. Wir testeten es mit Zucker-Zimt-Überzug und Schokoglasur. Fazit: Bei 25 Grad schmilzt es erstaunlich schnell, aber es ist himmlisch!

Softeis mit Zimt und Zucker

Softeis mit Zimt und Zucker – ein Genuss!

Ein besonderes Lob gibt es außerdem für die kreativen Leckerlis. Wenn ihr mit Freunden, Familie oder alleine im Café Bornträger einen Kaffee trinken wollt, dann achtet also vor allem auf den Tresen, denn hier liegen sie aus: Unser Favorit sind ganz klar die niedlichen Kackikekse, die den Hundehaufen im Park nachempfunden wurden und jedes Kaffee trinken zu einem charmant-skurrilen Erlebnis machen. Leider sind sie jedoch oft ausverkauft. Dasselbe gilt für die Weintraubenraupen oder Pingu und seine Freunde. Auch hier muss man Glück haben, um noch welche zu erwischen.

Vom Klohäuschen zum Café

Das ehemalige Klohäuschen wurde 1936 als öffentliche Bedürfnisanstalt eröffnet. Jahrzehntelang war es Zuflucht für alle Prenzlberger mit kleinen oder größeren Anliegen, bis es in den 90er-Jahren schließlich geschlossen wurde. Nun folgte eine Zeit des Vergammelns, denn fast 20 Jahre interessierte sich nur die heutige Pächterin Christine Morgan für das Häuschen. Sie fragte immer wieder bei der Bezirksverwaltung nach, ob das Häuschen nicht einer neuen Funktion zugeführt werden könnte – jedoch vergebens. Erst 2013 schrieb der Bezirk den kleinen Bau zur Pacht aus. Und Christine Morgan setzte sich gegen knapp ein Dutzend Mitbewerber durch.

Bunte Speisetafel vor altem Backsteinbau-Café

Einfach mal die Sonne und einen leckeren Café genießen – die Mauern gehörten einst zum Klohäuschen am Humannplatz

Nun ist das alte Klohäuschen sauber weiß verputzt und kann einen hübschen kleinen Glasanbau vorweisen, in dem auch winters gemütliche Caféstimmung herrscht. Eine Toilette jedoch fehlt. Die Funktion des Klohäuschens erfüllt nun eine City-Toilette keine 50m entfernt auf dem Mittelstreifen der Wichertstraße – und auch die Gäste des alten Klohäuschens werden hierher verwiesen. Ein kleines Manko, das jedoch einer gewissen Komik nicht entbehrt. Und wer weiß, vielleicht werden wir in 20 Jahren ja wieder von einer öffentlichen Toilette in Berlin berichten, in der man nun gemütlich Kaffee trinken kann: Keine 50m vom Café Bornträger gelegen, auf dem Mittelstreifen der Wichertstraße.

 


Kurzinfo

Café Bornträger

  • Di. – Fr. 09:30 – 13:00
  • Sa. + So. 10:00 – 18:00
  • Mehr Infos über Facebook

 

 


 

Autor-bildVerena Metzler ist begeisterte Wahlberlinerin und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Neuberlinern und Touristen das Berlin zu zeigen, das sich abseits der ausgetretenen Touristenpfade verbirgt. Hauptberuflich arbeitet sie als freie Lektorin und Texterin.

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